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NAMASTE India - Guten Tag Indien

Reisebericht Februar 2010 von Margarete Wagner

Father Allam kam im August 2002 ins Bistum Speyer und arbeitete zunächst als Kaplan in verschiedenen südpfälzischen Gemeinden. Von 2005 bis 2007 war er in Wörth und Maximiliansau tätig. Seit der Gründung des Verein „Kinderhilfsprojekte Father Allam, Guntur (Indien) dessen Hauptanliegen es ist,  Patenschaften für Kinder zu vermitteln sowie verschiedene Projekte finanziell zu unterstützen, finden alle zwei bis drei Jahre Reisen nach Indien statt. Teilnehmer dieser Reisen sind meist Pateneltern, die persönlichen Kontakt zu ihren Kindern aufnehmen wollen und die Sponsoren verschiedener Projekte, aber auch solche, die dies noch werden wollen – wie ich. In diesem Sinne war  eine Indien-Reise vom 9. bis 25. Februar 2010 geplant und von Father Allam und Frau Michaele Hammer organisiert. 

Was kommt auf mich zu in einem Land, das noch vor 500 Jahren von Moguln regiert wurde, das überreich ist an Bau- und Kunstwerken, das von starken Gegensätzen geprägt ist und viele schöne aber auch hässliche Gesichter hat? Diese Frage stellte ich mir bei der Vorbereitung auf meine Reise nach Indien, ein nicht alltägliches Vorhaben.

Sog. Gruppenreisen sind nicht unbedingt jedermanns Sache, aber hier sollte sich das Gegenteil beweisen und zwar dann, wenn mal ein kleines Wehwehchen oder auch Heimweh behandelt werden musste. Man wurde sozusagen „von der Gruppe getragen“. Unter den 16 Reiseteilnehmern waren sechs Neue, der Rest kannte sich, war sogar in den vergangenen Jahren schon einmal zusammen in Indien unterwegs. Frau Hammer gab Tipps in bezug auf Impfungen, Medikamente, Kleidung und nicht zuletzt musste festgelegt werden, Wer mit Wem ein Zweibettzimmer teilte. Es hat sich herausgestellt, dass die Paarungen sehr gut gewählt waren und keine Umlegungen stattfinden mussten. Auch über das Thema  „Tempelsocken“ wurde gesprochen. In Indien werden Moscheen sowie ein großer Teil der religiösen Anlagen nur barfuss betreten. Die Wege oder öffentlichen Straßen dahin sind oft weit und werden von Fortbewegungsmitteln aller Art befahren. Deshalb ist es wirklich ratsam, nicht auf bloßen Füßen zu gehen wie in Indien üblich, sondern einfach die sog. „Tempelsocken“ überzuziehen. Selbst die Zusammenstellung meines Reisegepäcks war keineswegs einfach. Eine größere Reiseapotheke, zusätzlich Handtücher und Bettwäsche, sogar etwas „Trockenfutter“ wie Knäckebrot, Zwieback und Kekse waren mit an Bord.

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Am Dienstag, den 9. Februar, morgens um 5 Uhr, wurden wir  in Maximiliansau mit einem Kleinbus abgeholt und nach Frankfurt gefahren. Und so saßen wir dann mit mehr oder weniger Flugangst (ich selbst gehöre natürlich zur ersten Gruppe und setze mich aus diesem Grunde niemals ans Fenster, man könnte ja rausfallen) in einer riesigen Boeing 777 und hoben in Richtung Delhi ab. Der Flug dauerte ungefähr acht Stunden. Father Allam hat uns am Flughafen abgeholt und sofort fühlten wir uns wie zu Hause. Dieses Gefühl begleitete uns die gesamt Reise. Wir konnten uns fallen lassen und Indien genießen.

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Außer Father Allam hatten wir für das Besichtigungsprogramm in Delhi, Agra und Jaipur jeweils ortsansässige Führer, die uns auf anschauliche Weise Land und Leute näher brachten. Und so bestiegen wir am Morgen in Delhi, unserer ersten Station, den Bus. Unser Fahrer hatte leuchtend rote Haare, was wir bei Männern in Indien häufig sahen, ist wohl groß in Mode. So konnte man ihn schon von Weitem sehen. Der Beifahrer nahm uns das lästige, tägliche  Wasserkaufen ab und leistete Hilfestellung, wenn zwischen Bus und Straße ungefähr ein halber Meter lag. Als Aussteigehilfe diente ein bierkastenähnliches Holzgestell, welches allerdings nicht wirklich half. Im Gegenteil, es musste dann noch zusätzlich darauf geachtet werden, nicht mitsamt Holzkasten umzukippen.

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Zuerst fuhren wir zum Roten Fort, das von Shah Jahan, dem damaligen Mogul, erbaut wurde und heute zum Teil vom Militär genutzt wird. Hier wurden zum ersten Mal unsere sog. „Tempelsocken“ ausgepackt. Nach der Besichtigung fuhren wir mit Fahrradrikscha’s ins Basar-Viertel von „Old Delhi“. Was für ein Erlebnis! Die Straßen bzw. Gassen, in welchen dicht an dicht kleine Läden eingepfercht sind, gleichen einem Labyrinth. Und überall Menschen, Menschen. Es scheint, als schlage hier das Herz von Indien. Die Oberleitungen sind ein Wust von Kabeln und man hat das Gefühl, dass diese Kabel die Häuser aneinander binden, damit sie nicht umfallen. Direkt über den ganzen Kabeln, wo man eigentlich den Himmel vermutet, schwebte eine Dickschicht aus Smog. Die Sonne hat hier wohl ganz schlechte Karten, es scheint, als wäre für sie hier kein Durchkommen. Allein unterwegs sein möchte ich hier eigentlich auch nicht, wer hier verloren geht, ist verloren.

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In einem wunderschönen Park steht das Mausoleum des Mogulherrschers Humayun aus Marmor und Sandstein. Die Einlegearbeiten im Marmor, mit einem scharfen Gegenstand eingeritzte Muster und mit Perlmutt und Edelsteinen bzw. Gold ausgefüllt, sind Meisterwerke.

Die 220 km lange Fahrt mit dem Bus von Delhi nach Agra ist wahrhaft abenteuerlich. In Indien herrscht Linksverkehr und die Verkehrsteilnehmer fahren auf einer Straße, welche selbstverständlich weder einen Mittelstreifen, noch eine Seitenbefestigung hat. Natürlich befinden sich auf diesen Straßen nicht nur Autos, Reisebusse und Tuc-Tuc’s, sondern auch Fahrradfahrer, Fußgänger und nicht zu vergessen Kühe. Es scheint, als fahre jeder wie er will, man hupt beim Überholen kräftig, gibt ständig Vollgas und die rote Ampel ist auch nicht das Maß aller Dinge. Nach sieben Stunden!! waren wir am Ziel in Agra. Gleich morgens besuchten wir eine Steinmetzwerkstatt, in der verschiedene Kunstwerke wie Tische, Vasen u.ä. zu sehen waren. Auch wurde über die Bearbeitung von Marmor gesprochen. Am Nachmittag sahen wir dann das wohl meistbesuchte und bekannteste Bauwerk Indiens: Den Taj Mahal. Die Grabstätte von Mumtaz Mahal, der Lieblingsfrau von Mogul Shah Jahan.

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Weiter ging es nach Jaipur, die Pinkfarbene

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Im 19. Jahrhundert wurden auf Geheiß des damaligen Herrschers alle Häuser in Jaipur rosa gestrichen und dies ist bis heute so geblieben (offensichtlich auch gesetzlich verankert). Die historische Altstadt ist nahezu erhalten und mittendrin befindet sich der Stadtpalast, in dem noch heute in für Besucher nicht zugänglichen Räumen der Maharaja von Jaipur lebt. Der Palast der Winde ist ebenfalls rosa und eigentlich kein Palast sondern nur eine Fassade.

Etwa 12 km von Jaipur entfernt liegt die Stadt Amber. An einer Bergkette entlang führt ein schmaler Weg zum Palast hinauf und es ist herrlich anzusehen, wenn eine Karawane geschmückter Elefanten, auf deren Rücken die Touristen samt Elefantenführer sitzen, hinauftrabt. Fünfmal am Tag legen die Tiere diesen Weg zurück.

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Oben angekommen gibt es einen großen Platz, um den herum die einzelne Gebäude angeordnet sind unter anderem der Spiegelpalast. Ein Filmteam war gerade bei der Arbeit. Gedreht wurde inmitten eigens von der Crew ausgesuchter Einheimischer. Mehrere Kung-Fu Kämpfer zeigten ihr Können vor dieser wunderbaren (Film-)Kulisse. 

Der nächste Tag begann mit dem Flug in die 21 Millionen-Metropole Kalkutta. Auf dem Weg in die Innenstadt sahen wir ein für uns unbekanntes Ausmaß an Armut und Elend. Am Straßenrand, entlang der Mauern um die Villen der Reichen, leben die Menschen zum Teil in erbärmlichsten Blechhütten. Ihr armseliges Leben findet für jedermann sichtbar auf der Straße neben riesigen Müllbergen statt, man wäscht sich hier, sofern überhaupt Wasser da ist, man kocht und wahrscheinlich wird auch hier gestorben.

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Die Wirkungsstätte und das Grab von Mutter Teresa waren ein bewegender Moment. Als Agnes Gonxha verließ sie mit 18 Jahren ihre Heimat Albanien um nach Indien zu gehen. Anfangs war sie Novizin in Darjeeling, wo sie auch ihren Namen Teresa in Erinnerung an die französische Nonne Thérèse von Lisieux erhielt. Sie unterrichtete anschließend an einer Schule in Kalkutta, der auch ein Krankenhaus angeschlossen war. Durch die ständige Konfrontation mit dem Sterben gründete sie im Jahre 1952 einen Platz, an dem die Ärmsten der Armen in Würde sterben konnten und nicht wie Tiere auf der Straße verenden mussten. Sie arbeitete bis zu ihrem Tod im Jahr 1997 mit Unterstützung katholischer Schwestern, die, wie in Indien üblichen, einen Sari statt weißer Schwesterntracht trugen, sowie jungen Menschen aus der ganzen Welt. Dem Sterbehaus angeschlossen sind auch zwei Waisenhäuser für von ihren Eltern dort abgegebene Kinder, die später zur Adoption freigegeben werden. In einem angeschlossenen kleinen Museum konnten wir auch das Zimmer und die persönlichen Gegenstände von Mutter Teresa sehen, ein Kaffeegedeck, ein Teller aus Blech und Besteck. Ebenso ihre Sandalen, die wohl nicht zu beschreibende Wege zurückgelegt haben müssen. Verschiedene Bilder zeigen Mutter Teresa mit Politikern und wichtigen Persönlichkeiten aus der ganzen Welt, die ihr Wirken gewürdigt haben.

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Im Tempel der Göttin Kali, die Kalkutta den Namen gegeben hat, werden noch heute blutige Tieropfer dargebracht.

Danach kamen wir in die Industriestadt Hyderabad, welche auch „Cyberabad“ genannt wird. Hier wird vor allem wie in Bangalore Software entwickelt und in die ganze Welt verkauft. Den Reichtum hier erkennt man schon am neu erbauten Flughafen, der erst vor ein paar Jahren eröffnet wurde. Der Bus, der uns in unser Hotel bringen sollte, hatte leider keinen Gepäckraum, so dass wir erst mal improvisieren mussten d.h. zuerst wurden wir in den hinteren Teil des Busses verfrachtet und anschließend dann die verbleibenden Lücken mit Koffern, Reisetaschen, Handgepäck und schon gekauften Mitbringseln aufgefüllt. So beladen kam unser Bus „echt indisch“ daher.

Nach zwei Tagen ging es weiter mit dem Zug nach Guntur, dem eigentlichen Ziel unserer Reise. Wir kamen spät am Abend an und in der Bahnhofshalle bzw. auf dem Bahnhofsvorplatz hatten schon die ersten Menschen auf dem Boden ihren Schlafplatz gefunden. 

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Guntur ist die Heimatgemeinde von Father Allam. In seiner Kirche besuchten wir am Sonntagmorgen die Heilige Messe. Man hatte das Gefühl, es wäre die gesamte Pfarrgemeinde zu unserer Begrüßung gekommen. Die Herzlichkeit der Menschen ist unbeschreiblich. Nach dem Gottesdienst wurde in unserer Anwesenheit das neu erbaute Pfarrer Nardini-Heim, in dem ab April etwa 80 Kinder wohnen werden, eingeweiht. Am späten Nachmittag fuhren wir dann ins Aids-Haus in Guntur, das auch von Father Allam geleitet wird.

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Tags zuvor besuchten wir in Patibandla eine von katholischen Schwestern geleitete Schule, in welcher auch unsere Patenkinder unterrichtet werden. Zur Begrüßung wurde gesungen und getanzt. Nach einem wunderbaren, von den Schwestern gekochten Mittagessen fuhren wir dann, vorbei an riesigen Chili-Feldern, nach Atthalur in ein ebenfalls finanziell unterstütztes Waisenhaus.

Von Guntur nach Chennai, dem ehemaligen Madras, fuhren wir mit dem Zug, natürlich in der ersten Klasse. Die Abfahrt vom Hotel zum Bahnhof war schon um 4.30 Uhr, so dass wir nicht gefrühstückt hatten. Wir saßen in einem Abteil verteilt zwischen überwiegend Männern mit Laptop, Handy und internationalen Zeitungen unter dem Arm, die sicherlich zur Arbeit fuhren und sich im Zug in Ruhe darauf vorbereiten bzw. vielleicht auch noch ein kleines Schläfchen halten wollten. Nachdem auch wir zwischen 6 und 8 Uhr die Augen zugedrückt hatten, träumte wohl jeder von einem Frühstück. Father Allam hat auch dafür Vorsorge getroffen. Pünktlich um 8 Uhr hat er Butter und Marmelade ausgepackt. Und so haben wir zwischen den erstaunten Mitreisenden ein wunderschönes Frühstück erlebt, das Toastbrot wurde in Ermangelung von Messern mit dem Löffel geschmiert und der Kaffee schmeckte vorzüglich. Es war echt indisch. Und keiner der Mitreisenden hat sich aufgeregt. Nicht auszudenken, was hier in Deutschland in einem Ersteklasse-Abteil passiert wäre, wenn plötzlich eine Herde indischer Touristen die Butterbrote ausgepackt hätte!! Nach dem Frühstück haben wir die Reste schön in eine Plastiktüte eingepackt und nicht „echt indisch“ einfach aus dem Fester geworden.

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In Chennai am Bahnhof dann der übliche Anblick: Menschen schlafend auf dem Fußboden, Bettler, Krüppel und ein bestialischer Gestank nach allem, hier z.B. nach Fisch. In Holzkisten verpackt standen mehrere Lieferungen, ich weiß nicht Frischfisch oder sonst was, in der prallen Sonne bei gefühlten 38 Grad.

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Wir fuhren dann in das letzte Hotel unserer Reise, direkt an den Strand von Bengalen. Allerdings ist Baden dort nicht erlaubt, das Meer hat da eine nicht zu unterschätzende Strömung. Aber zuerst ging es vorbei an den Slums, die vom letzten Tsunami total überflutet worden sind. Kein Mensch kann sagen, wie viele Menschen dabei ihr Leben verloren haben.

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Wir wohnten in kleinen mit Bambus gedeckten Häuschen, es gab einen Pool und wer wollte, gönnte sich eine Ayurveda-Massage. So kurz vor dem Abschiednehmen sieht man in Gedanken nochmals alles vor sich, was die Reise zu einem unvergessenen Erlebnis hat werden lassen. Ob es die vielen Kinder waren, die uns immer und überall lachend die Hand gaben und nach unseren Namen fragten, die Souvenirverkäufer, die uns ständig umringten und ab und an auch mal nervten, sobald wir auch nur einen Fuß aus dem Bus setzten, oder die Hoffnungslosigkeit der Menschen in den Slums.

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Am 24. Februar gegen 15 Uhr fuhren wir zum Flughafen. Es galt Abschied zu nehmen von Indien und von Father Allam.

 

Margarete Wagner, 16.04.2010 

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