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November 2007:
Eine unvergessliche Reise

Reisebericht von Sylvia Lex, Bremen
Es begann alles mit dem Telefonanruf meiner Schwester aus Wörth am Rhein: „Du wolltest doch noch mal wieder nach Indien! Unser Kaplan fährt im November mit einer Gruppe in seine Heimat! „Es ging alles ganz schnell. Anruf bei Herrn Kaplan Allam – Zusendung der Reiseunterlagen – Buchung.

 

Ich kannte weder Herrn Kaplan Allam noch irgend jemand aus der Gruppe, was sich aber als völlig problemlos erwies.   Ich war im Jahre 1999 schon einmal mit einer Freundin in Delhi und Ladakh im Himalaya. Nun sollte es der Süden sein.

 

Wir waren zunächst 2 Tage in Bombay (Mumbai). Was ich dort bei den Stadtrundfahrten zu sehen bekam, war noch eine Steigerung dessen, was ich aus Delhi kannte: So viele Slums (es soll 1.000 geben!), so viel Verkehr und so viel Lärm! es war erschreckend und faszinierend zugleich. Ruhig dagegen war es auf der Insel Elephanta (1 Stunde Bootsfahrt), wo wir ein hinduistisches Tempel-Heiligtum besichtigten (UNESCO-Weltkulturerbe).

 

Am Abend des 2, Tages ging es per Schlafwagen nach AURANGABAD. Von hier aus machten wir mit kompetenter Reiseleitung zwei Tagesfahrten nach ELLORA und AJANTA. In Ellora besichtigten wir 4 Felsenhöhlen (Tempel) verschiedener Religionen und aus verschiedenen Jahrhunderten mit beeindruckender Architektur und imposanten Skulpturen. In Ajanta waren die Tempel und Klöster aus buddhistischer Zeit (ab 200 v. Chr.) und hier waren die Wandmalereien die hervorragendsten Kunstwerke.

 

Mit dem Zug ging es zurück nach Mumbai, von dort aus mit dem Flugzeug nach GOA, wir hatten dort in einer schönen Hotelanlage so etwas wie „Urlaub“. Natürlich gab es auch Programm: an einem Nachmittag haben wir verschiedene Strände kennen gelernt, am anderen „Old Goa“, die ehemalige Hauptstadt mit den vielem Kirchen portugiesischen Ursprungs. Die Kirche Franz Xaver haben wir auch besichtigt. Trotzdem blieb noch viel Zeit zum Relaxen am Pool oder am Strand.   Über Bangalore flogen wir nach Hyderabad, wo uns ein Reisebus aus Guntur erwartete. Nachdem unser Gepäck verstaut war, nahmen wir noch ein fürstliches Abendessen in einem 5-Sterne-Hotel ein, ehe wir uns auf die nächtliche Fahrt nach Guntur begaben.

 

Hier ging es dann etwas bescheidener zu, denn Guntur hat keinen Tourismus und das beste Hotel hatte einen einfachen Standard, aber durchaus passabel.

Von Guntur aus, einer ca. 800 000-Einwohner-Stadt, haben wir verschiedene Einrichtungen besucht, die von Kaplan Allams Kinderhilfsprojekten unterstützt werden. Auf diesen Busfahrten lernten wir vor allem das ländliche Indien kennen, das im krassen Gegensatz zu dem fortschrittlichen Indien der großen Städte steht. Aber gerade dieses Ursprüngliche der kleinen Dörfer und der einfachen Menschen war das eigentliche unvergessliche Erlebnis der Reise.

 

Der Empfang, der uns überall bereitet wurde, die Herzlichkeit die uns begegnete, die Offenheit und zum Teil Vertrautheit waren das Aufregendste der Reise.   Ich persönlich bin emotional an Grenzen gekommen, die ich lange nicht mehr erlebt hatte, sowohl in positiver Weise („Freudentränen“) als auch in schmerzlicher Weise („Kloß im Hals“). Erschütternd waren die Berichte von einigen Mädchen und Frauen aus dem Hilfsprojekt „SWADAR“, das sich um Aids- und Hilflos-Mädchen kümmert und ihnen die Chance auf ein eigenständiges Leben ermöglichen will durch Ausbildung in verschiedenen handwerklichen Fähigkeiten. Die Schicksale dieser Mädchen gehen einem noch lange nach, aber man hat auch die Hoffnung gespürt, welche die Bewohnerrinnen dieses Heimes und ihre Betreuerinnen ausstrahlen.

 

Fröhlich ging es in zwei Projekteinrichtungen zu, in denen es um Schulkinder geht. In PATIBANDLA wird eine Schule unterstützt, die den nationalen „Tag des Kindes“ (Children´s Day) vom 14. November auf unseren Besuchstag, den 17. November, verlegt hat. Es gab ein Fest mit Reden, Unterhaltungsprogramm, Ehrungen von Lehrern und Preisverleihung an Schüler für besondere Leistungen. Nach dem Festprogramm im Schulhof gab es dann in den Klassen ein Treffen mit den Paten und den indischen Patenkindern sowie das Überreichen der Geschenke unsererseits: z.B. Schultaschen für die 1. Klassen, Farbstifte, Baseballkappen usw.

Bei unserem Besuch am Nachmittag in ATTHALUR ging es ebenfalls um Schulkinder (110 Mädchen – 60 Jungen), denen in den Heimen ermöglicht wird, die Schule zu besuchen. Sie kommen aus sehr armen Familien und hätten ohne Unterstützung keine Möglichkeit zum Schulbesuch. Hier ist mir besonders die herzliche Atmosphäre zwischen den Kindern und zwischen Schülern und Schwestern/Priester aufgefallen. Diese Kindergesichter mit dem freundlichen, offenen und interessierten Blick werde ich so schnell nicht vergessen, was mich dann auch spontan zu einem Patenkind gebracht hat.

 

In THUMALLA, einem Dorf am Golf von Bengalen, hat der Tsunami 2004 den Einwohnern die Existenzmöglichkeit genommen, da ihre Fischzucht-Anlagen im Flussdelta an der Küste versalzen wurden. Sie bekamen zum Teil neue kleine Häuser (inzwischen über 100)  und einen Wasserturm aus unserem Projekt gesponsert, welchen wir feierlich eingeweiht haben. Auch hier sind die Offenheit der Menschen, der herzliche Empfang des ganzen Dorfes mit Blumenkränzen und der Dorfkapelle unvergessen!

Zum Abschluss waren wir noch 2 Tage in Madras (Chennai). Dort haben wir die St.-Thomas-Kathedrale besucht, in deren Krypta sich das Grab des Apostel Thomas befindet. Hier erlebten wir auch noch die Ausläufer des Zyklons, der zu dieser Zeit Bangladesh verwüstete: Regengüsse, die innerhalb kurzer Zeit die Straßen unter Wasser setzten. Aus einem trockenen Taxi (Jeep) heraus gesehen, ein faszinierendes Schauspiel! Auch Shopping im „Spencer-Plazza“, einem unvorstellbar großen Einkaufszentrum, war ein Tagesordnungspunkt und sehr aufregend.

 

So war die Reise rundum ein unvergessliches Erlebnis, der Besuch der Projekteinrichtungen jedoch für mich der Höhepunkt. Ich denke heute schon an das „nächste Mal“.

Sylvia Lex, Bremen

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